Stromsteuer: Keine Steuerbefreiung für Stromverbräuche eines Netzbetreibers in Umspannanlagen

Der BFH hat sich mit Beschluss vom 20. Juni 2023 (VII R 2/21) zur Frage der Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG für Stromverbräuche eines Netzbetreibers in Umspannanlagen geäußert und die Stromsteuerbefreiung hierfür im Ergebnis versagt.

Leitsätze des Gerichts

1. Für sog. technische Betriebsverbräuche, die für einen dauerhaften und störungsfreien Betrieb der Umspannanlagen eines Netzbetreibers notwendig sind, entsteht die Stromsteuer gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StromStG durch Entnahme aus dem Versorgungsnetz.

2. Der Verbrauch von Strom durch einen Netzbetreiber in seinen Umspannanlagen ist nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei.

Sachverhalt

Der BFH hatte im Streitfall über die Festsetzung der Stromsteuer für das Jahr 2015 zu entscheiden. Fraglich war, ob für sog. technische Betriebsverbräuche, die für einen dauerhaften und störungsfreien Betrieb der Umspannanlagen einer Netzbetreiberin notwendig sind, die Stromsteuer entsteht bzw. eine Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG (Strom zur Stromerzeugung) gewährt werden kann.

Um den im Spannungsnetz der Klägerin (Netzbetreiberin) transportierten Strom durch die Verteilnetze geringerer Spannung leiten zu können, musste der Strom in von der Klägerin betriebenen Umspannwerken umgespannt werden. Die Klägerin argumentierte, dass es sich bei den dafür erforderlichen technischen Betriebsverbräuchen nicht um Entnahmen aus dem Versorgungsnetz, sondern um Verbräuche innerhalb des Versorgungsnetzes handele, die als Transportverluste sog. Umspann- und Leitungsverlusten gleich zu setzen seien. Sofern eine Steuerentstehung jedoch bejaht werden sollte, seien die Strommengen jedenfalls § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei, da die streitgegenständlichen Verbräuche für das Umspannen zwingend notwendig seien.

Aus den Gründen

Der BFH entschied zuungunsten der Netzbetreiberin. Bei den sog. technischen Verbräuchen handele sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StromStG zunächst um Entnahmen aus dem Versorgungsnetz und nicht um sog. Umspann- und Leitungsverluste. Eine Gleichstellung derartiger physikalischer Verluste mit den hiesigen technischen (zwar zwangsläufig entstandenen) Betriebsverbräuchen, die die Klägerin befürwortet, sei nicht möglich.

Die Netzbetreiberin selbst habe auch keinen Strom hergestellt, sondern diesen nach dessen Umspannung lediglich weitergeleitet. Demzufolge könne sie auch das Herstellerprivileg nicht für sich in Anspruch nehmen und der Verbrauch von Strom in ihren Umspannanlagen sei damit im Ergebnis nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG beschränke sich auf die Erzeugung von Strom. Der eigentlichen Stromerzeugung nachgelagerte Prozesse seien nicht begünstigt, insbesondere diene die Umspannung von bereits zuvor technisch abschließend hergestelltem Strom nicht mehr dessen Erzeugung, sondern dem Transport und der Verteilung. Die in den Umspannwerken betriebenen Anlagen, unter anderem Trafolüfter, Ölpumpen, Heizungen, Licht- und Steuerungstechnik, USV-Batterien, Leistungsschalter sowie Hebel- und Scherentrenner seien in diesem Zusammenhang keine Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV.

Hinweis für die Praxis

Die Rechtsprechung für den Bereich der Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG (Strom zur Stromerzeugung) hat zuletzt mehrfach neue Impulse bekommen, häufig auch zugunsten der jeweiligen Klägerinnen. Daher sollten Unternehmen ihre Stromerzeugungsprozesse und Mengenabgrenzungen erneut und regelmäßig überprüfen und gegen eine ggf. zu strenge Auslegung oder Versagung der Stromsteuerbefreiungen für „Strom zur Stromerzeugung“ durch die Zollverwaltung argumentieren.

Für Fragen zu dieser Thematik steht Ihnen der Verfasser dieser Meldung, Rechtsanwalt Stefan Ulrich, gerne zur Verfügung.

Quelle:

BFH, Beschluss vom 20. Juni 2023, VII R 2/21