Stromsteuer: BFH-Beschluss zur Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG bei Verwendung von Biogas zur Erzeugung von Strom
Mit Beschluss vom 17. Januar 2023 hat der BFH sich zur Frage der Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG bei der Verwendung von Biogas zur Erzeugung von Strom geäußert.
Danach gilt Strom nur dann im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG als "aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt", wenn dabei tatsächlich – physikalisch – und nicht nur bei einer kaufmännisch-bilanziellen Betrachtungsweise erneuerbare Energieträger verwendet werden.
Strom, der hingegen mit einem aus dem öffentlichen Versorgungsnetz entnommenen Gasgemisch erzeugt wird, das neben Erdgas auch aus Biomasse erzeugtes Gas enthält, ist nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG von der Steuer befreit, weil Strom aus erneuerbaren Energieträgern nach § 2 Nr. 7 StromStG nur dann vorliegt, wenn er ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas oder aus Biomasse erzeugt wird.
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen, das Letztverbraucher mit elektrischem Strom beliefert. Sie ist zudem auch Versorgerin im Sinne des Stromsteuerrechts und hat eine Versorgererlaubnis gemäß § 4 StromStG. An zwei Standorten erzeugte sie in Blockheizkraftwerken (BHKW) Strom, den sie teilweise an Letztverbraucher lieferte und im Übrigen in das öffentliche Versorgungsnetz einspeiste. Das Gas zur Erzeugung des Stroms in den BHKW entnahm die Klägerin aus dem öffentlichen Gasnetz, in das u. a. auch Biogas, das in einer Biogas- Aufbereitungsanlage eines Dritten erzeugt wurde, eingeleitet wurde und sich dort mit dem übrigen Gas vermischte. Aufgrund eines sog. „Massebilanzsystems“ konnte das entnommene Gas kaufmännisch-bilanziell dem eingespeisten Biogas zugerechnet werden. Tatsächlich wurde von der Klägerin jedoch ein Gasgemisch entnommen.
Die Klägerin machte für verschiedene Zeiträume die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG für die Stromlieferungen an Letztverbraucher aus den BHKW geltend, was das zuständige Hauptzollamt aber letztlich versagte, weil kein Strom aus erneuerbaren Energieträgern für den Betrieb der BHKW verwendet worden sei.
Einspruch und auch Klage hiergegen blieben ebenfalls ohne Erfolg. Das Finanzgericht urteilte, der Klägerin stehe kein Anspruch auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG für den in den BHKW erzeugten Strom zu, weil es lediglich auf eine physikalische Verwendung von Biogas zur Erzeugung von Strom ankomme. Eine kaufmännisch-bilanziell Betrachtungsweise könne nicht herangezogen werden.
Entscheidung des BFH
Auch der BFH blieb bei der rein physikalischen Betrachtungsweise. Weil beide BHKW das Gas aus dem allgemeinen Netz entnommen haben, sei der Strom mithin nicht ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt worden, weshalb eine Steuerbefreiung nicht möglich sei. Das im vorliegenden Streitfall in der Biogas-Aufbereitungsanlage erzeugte Gas sei zwar ein erneuerbarer Energieträger im Sinne des § 2 Nr. 7 StromStG. Aus der Verwendung des Begriffs „ausschließlich“ im Rahmen der Definition § 2 Nr. 7 StromStG ergäbe sich allerdings, dass die Herstellung von Strom mit Gas aus dem allgemeinen Gasnetz, in das Biogas eingeleitet worden ist und sich mit dem dort vorhandenen Erdgas vermischt hat, nicht begünstigt werden soll. Dass § 2 Nr. 7 StromStG in diesem Sinne zu verstehen ist, zeige insbesondere auch die Ausnahmeregelung in § 1b Abs. 1 StromStV, welche einzig bei technisch erforderlicher Zünd- oder Stützfeuerung einen Verzicht auf die Ausschließlichkeit vorsieht.
Im Übrigen seien auch die umweltpolitischen Argumente und Verweise der Klägerin in parallele Regelungen des EEG nicht zu berücksichtigen, da die Gesetze verschiedene Zwecke verfolgen. Ungeachtet der maßgeblichen umwelt- und wirtschaftspolitischen Ziele der zugrundeliegenden europäischen Energiesteuerrichtlinie diene das StromStG in erster Linie fiskalpolitischen Zwecken. Dagegen ziele das EEG darauf ab, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen und den Beitrag erneuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen.
Für Fragen zu dieser Thematik steht Ihnen der Verfasser dieser Meldung, Rechtsanwalt Stefan Ulrich, gerne zur Verfügung.
Quelle:
BFH-Beschluss vom 17. Januar 2023, VII R 54/20