Strom- und Energiesteuer: Aktueller Überblick zu den Änderungen bei den Steuerbegünstigungen zum 01. Januar 2024

Das Strom- und Energiesteuerrecht hat zum 1. Januar 2024 eine Reihe von Änderungen erfahren, welche die Mehrheit der bislang steuerlich begünstigten Unternehmen betreffen.

Insbesondere vor dem Hintergrund des Auslaufens mehrerer beihilferechtlicher Freistellungsanzeigen zum 31. Dezember 2023 sowie der Verabschiedung des Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 (BGBl. 2023 I Nr. 412 vom 29.12.2023) kommt es für die Betroffenen zu erheblichen Änderungen bei ihren Begünstigungen. Die gilt sowohl für die Entlastungen bei den Unternehmen des Produzierenden Gewerbes (UdPG) als auch für die Steuerentlastungen und Steuerbefreiungen für Stromerzeuger.

Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen komprimiert im Überblick dargestellt (Stand 20. Februar 2024).

§ 9b StromStG

§ 9b StromStG wurde im Rahmen des Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 (BGBl. 2023 I Nr. 412 vom 29.12.2023) dahingehend geändert, dass die Steuerentlastung für UdPG hinsichtlich eigenbetrieblich entnommener Strommengen von 5,13 Euro auf 20,00 Euro pro MWh zunächst vorübergehend erhöht wird. Die Erhöhung des Entlastungssatzes soll dabei auch den Wegfall des sog. Spitzenausgleich nach § 10 StromStG (s. u.) kompensieren. Es verbleibt eine effektive Belastung in Höhe von 0,50 Euro Stromsteuer pro MWh, dem europäischen Mindeststeuersatz für die betriebliche Verwendung. Die neue Regelung ist jedoch zunächst begrenzt auf die Stromentnahmen in den Jahren 2024 und 2025. Nach den Plänen der derzeitigen Bundesregierung soll die Regelung auch über das Jahr 2025 hinaus gewährt werden, sofern eine Gegenfinanzierung im Haushalt dargestellt werden kann. Die entsprechende beihilferechtliche Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission ist im Januar 2024 erfolgt (Laufzeit 01. Januar 2024 bis 31. Dezember 2025).

§ 10 StromStG

Die beihilferechtliche Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission nach der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung - AGVO) für die Gewährung des Erlasses, der Erstattung oder der Vergütung der Steuer nach § 10 StromStG ist mit Ablauf des 31. Dezember 2023 ausgelaufen (BGBl. 2023 I Nr. 363 vom 15.12.2023). Die Steuerentlastung nach § 10 StromStG wird damit für Stromentnahmen zu betrieblichen Zwecken ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr gewährt gemäß § 10 Absatz 8 StromStG.

Zudem wurde das Stromsteuergesetz auch dahingehend geändert, dass die Vorschrift des § 10 StromStG zum 01. Januar 2024 vollständig aufgehoben wurde (BGBl. 2023 I Nr. 412 vom 29.12.2023). Dies ist insofern bemerkenswert, als dass es diesen redaktionellen Schritt für das Auslaufen des Spitzenausgleichs in 2024 nicht benötigt hätte, nachdem bereits das Auslaufen der beihilferechtlichen Freistellungsanzeige hierzu bekannt gegeben wurde. Daher mag sich hierbei nun die zumindest theoretische Frage stellen, auf welcher gesetzlichen Grundlage die Hauptzollämter nun die Anträge auf Spitzenausgleich für das Begünstigungsjahr 2023 bescheiden sollen (§ 10 StromStG a. F. i. V. m. § 19 Absatz 1 Satz 2 StromStV). Den bisherigen Veröffentlichungen der Bundesregierung zu den jüngsten gesetzlichen Änderungen war jedenfalls nie die Absicht zu entnehmen, den Spitzenausgleich auch schon für das Jahr 2023 zu streichen. Von daher mag es sich um ein rein redaktionelles Versehen handeln, bei welchem in 2024 noch einmal formal nachgebessert wird.

§ 53a Absatz 6 EnergieStG

Die beihilferechtliche Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission nach der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung - AGVO) für die Gewährung der Steuerentlastung nach § 53a Absatz 6 EnergieStG ist mit Ablauf des 31. Dezember 2023 ausgelaufen (BGBl. 2023 I Nr. 361 vom 15.12.2023). Die vollständige Steuerentlastung nach § 53a Absatz 6 EnergieStG wird damit für Verwendungen ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr gewährt gemäß § 53a Absatz 11 Satz 2 EnergieStG. Hier ist bemerkenswert, dass die Freistellung bei der Europäischen Kommission ursprünglich sogar bis zum 30. Juni 2024 angezeigt und damit nun im Ergebnis sogar verkürzt wurde. Entlastungsanträge für das Jahr 2023 können noch bis Ende 2024 gestellt werden.

Die teilweise Steuerentlastung für die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme nach § 53a Absatz 1 bis 5 EnergieStG ist hingegen nicht betroffen und wird als Auffangtatbestand weiterhin gewährt, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Daneben wäre weiterhin auch eine Steuerentlastung für die Stromerzeugung nach § 53 EnergieStG als Alternative möglich. Diese wird allerdings nur gewährt, soweit der erzeugte Strom nicht bereits nach § 9 Absatz 1 Nummer 1, 3, 4, 5 oder 6 des StromStG von der Stromsteuer befreit ist. Vor dem Hintergrund des neuen zumindest vorläufig höheren Satzes für die Entlastung nach § 9b StromStG stellt sich für manche UdPG in den Jahren 2024 und 2025 daher die Frage, ob der Verzicht auf die Stromsteuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1, 3, 4, 5 oder 6 des StromStG bzw. die Antragstellung nach § 53 EnergieStG und § 9b StromStG lukrativer ist. Inwieweit der dann notwendige Verzicht auf die o. g. Befreiung von der Stromsteuer überhaupt möglich ist, z. B. in Fällen einer bestehenden allgemeinen oder förmlichen Erlaubnis, ist noch nicht abschließend geklärt und wäre derzeit zumindest höchstvorsorglich mit dem zuständigen Hauptzollamt abzustimmen.

§ 54 EnergieStG

Ähnlich wie bei § 9b StromStG wurde auch für die Steuerentlastung für UdPG nach § 54 EnergieStG kein Auslaufen beihilferechtliche Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission bekannt gegeben. Eine gesetzliche Änderung – wie beispielsweise die Erhöhung des Entlastungssatzes bei § 9b StromStG – hat die Vorschrift allerdings auch nicht erfahren. Lange war unklar, ob die Entlastung nach § 54 EnergieStG überhaupt über den 31. Dezember 2023 hinaus gewährt werden soll. Die entsprechende beihilferechtliche Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission ist im Januar 2024 erfolgt (Laufzeit 01. Januar 2024 bis 30. Juni 2027) und damit die Antragstellung – auch für Verwendungen in 2024 – weiterhin wie gewohnt möglich.

§ 55 EnergieStG

Die beihilferechtliche Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission nach der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung - AGVO) für die Gewährung der Steuerentlastung nach § 55 EnergieStG ist mit Ablauf des 31. Dezember 2023 ausgelaufen (BGBl. 2023 I Nr. 362 vom 15.12.2023). Die Steuerentlastung nach § 55 Absatz 1 und 2 EnergieStG wird damit für Verwendungen ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr gewährt gemäß § 55 Absatz 9 EnergieStG.

Der Spitzenausgleich für das Jahr 2023 kann jedoch noch bis Ende 2024 beantragt werden (vgl. § 55 EnergieStG i. V. m. § 101 Abs. 1 S. 2 EnergieStV). Leider wird der Wegfall des Spitzenausgleichs bei der Energiesteuer – anders als bei der Stromsteuer – nicht über die Entlastung für Unternehmen nach § 54 EnergieStG kompensiert.

§ 9 Absatz 1 Nr. 1 und 3 StromStG

Ebenfalls zum 1. Januar 2024 kommt es zum teilweisen Wegfall der Steuerbefreiungen für die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien nach § 9 Absatz 1 Nr. 1 und 3 StromStG (BGBl. 2023 I Nr. 364 vom 15.12.2023). Die Steuerbefreiungen für flüssige Biomasse (z. B. Biodiesel und Biomethanol) entfallen damit vollständig. Die Steuerbefreiungen für feste Biomasse (z.B. Abfälle oder Altholz) entfallen für die Verwendung in Anlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 20 Megawatt (MW) oder mehr. Die Steuerbefreiungen für gasförmige Biomasse (z. B. Biogas oder Biomethan) entfallen in Anlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 2 MW oder mehr. Die Stromsteuerbefreiungen für Klär- und Deponiegas entfallen komplett.

Bisher steuerfrei erzeugte und entnommene Strommengen sind damit grundsätzlich ab dem 1. Januar 2024 zu versteuern, sofern kein anderer Steuerbefreiungsgrund vorliegt. Betroffenen Anlagenbetreibern wird jedoch eine Prüfung dahingehend empfohlen, ob ein Wechsel in die Steuerbegünstigung für Strom aus hocheffizienten KWK-Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 Megawatt nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG, auch in Verbindung mit § 12d StromStV, möglich ist. Für die Nutzung der Steuerbefreiung ist bei Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als 50 Kilowatt hierbei die (neue) Beantragung einer förmlichen Erlaubnis erforderlich. Die Beantragung bzw. der Wechsel der förmlichen Erlaubnis ist bei Vorliegen aller Voraussetzungen bis zum 31. März 2024 mit rückwirkender Erteilung zum 1. Januar 2024 möglich.

§ 28 EnergieStG

Die beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission für die Gewährung der Steuerbefreiungen nach § 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Energiesteuergesetzes ist bereits mit Ablauf des 30. September 2023 ausgelaufen (BGBl. 2023 I Nr. 262 vom 29.09.2023). Zu beachten ist, dass Die Regelungen des § 28 EnergieStG nur direkt verwendete bzw. direkt abgegebene und nicht in das Erdgasnetz eingespeiste Gase betreffen. Die Steuerbefreiungen sind jedoch weiterhin allgemein erlaubt, sofern die gasförmigen Biokraft- und Bioheizstoffe sowie Klär- und Deponiegase zur Erzeugung von Strom verwendet bzw. abgegeben werden.

Werden gasförmige Biokraft- und Bioheizstoffe hingegen ausschließlich verheizt bzw. zu Heizzwecken abgegeben (ohne dass zugleich Strom erzeugt wird), ist - wie bisher schon bei Klär- und Deponiegasen - eine Steuerbefreiung im Rahmen des § 28 EnergieStG ab dem 1. Oktober 2023 nicht mehr möglich. In diesen Fällen ist dem zuständigen Hauptzollamt gegenüber vorher eine Anzeige abzugeben und die Energiesteuer anzumelden (§ 23 EnergieStG). Die Anzeige ist schriftlich abzugeben.

§ 3 Absatz 1 EnSTransV

Die beihilferechtlich notwendige Novellierung der Energiesteuer- und Stromsteuer-Transparenzverordnung (EnSTransV) wurde umgesetzt (BGBl. 2023 I Nr. 367 vom 19.12.2023) und geht mit dem Herabsetzen der sog. Meldeschwellen für die meisten beihilferechtlich relevanten Begünstigungen in 2024 auf 100.000 Euro einher (wir berichteten im Detail).

Die Meldung zum 30. Juni des Folgejahres kann – anders als z. B. die Entlastungsanträge und Steueranmeldungen bei der Strom- und Energiesteuer – nicht über die klassischen amtlichen Formulare, sondern ausschließlich über das Bürger- und Geschäftskundenportal des Zolls (BuG) abgegeben werden.

Hinweis für die Praxis

Dieser Beitrag wurde am 20. Februar 2024 aktualisiert und insbesondere die Informationen zu den neuen Freistellungsanzeigen bei der Europäischen Kommission betreffend § 9b StromStG und § 54 EnergieStG ab dem Begünstigungsjahr 2024 ergänzt.

Für Fragen zu den verschiedenen Begünstigungen bei der Strom- und Energiesteuer steht Ihnen der Verfasser dieser Meldung, Rechtsanwalt Stefan Ulrich, gerne zur Verfügung.