FG Düsseldorf: Voraussetzungen der Stromsteuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStG bei Leistung an Netzbetreiber und Letztverbraucher; Verzinsungsanspruch für Stromsteuererstattungen

Einer Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStG steht nicht entgegen, dass der erzeugte Strom im Rahmen des EEG-Wälzungsmechanismus an den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber weitergeleistet wurde.

Das hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 18. Mai 2022 entschieden und hierbei mehrere bemerkenswerte Ausführungen gemacht. Auch ein Verzinsungsanspruch für Stromsteuererstattungen wurde in diesem Zusammenhang bejaht.

Im Streitfall aus dem Jahr 2015 betrieb die Klägerin ein Blockheizkraftwerk (BHKW), mit dem sie aus Biogas Strom und Wärme für ein Hallenschwimmbad erzeugte. Das BHKW verfügte über eine elektrische Nennleistung von 0,38 MW. Der im Kraft-Wärme-Kopplungs-Prozess erzeugte Strom wurde zunächst in das Mittelspannungsnetz des lokalen Netzbetreibers eingespeist und letztlich an den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber weitergeleistet. Die Klägerin erhielt dafür eine Einspeisevergütung nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG 2014). Sie leistete den in dem BHKW erzeugten Strom dabei auch an Letztverbraucher in demselben Ortsteil, in dem das BHKW betrieben wurde, und machte hierfür in ihrer Stromsteueranmeldung eine Stromsteuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStG geltend. Das gesamte Gebiet des Ortsteils befand sich in einem Umkreis von maximal 4,5 km um das BHKW.

Eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG setzt grundsätzlich voraus, dass der erzeugte Strom von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, an Letztverbraucher geleistet wird. Es bedarf daher zwischen dem Anlagenbetreiber oder demjenigen, der die Anlage betreiben lässt, und dem Letztverbraucher einer Leistungsbeziehung. Eine Leistungsbeziehung beruht wiederum auf der vertraglichen Verpflichtung, jemandem Strom zu verschaffen. Ob der Strom in Erfüllung dieser Leistungsverpflichtung tatsächlich oder kaufmännisch-bilanziell geleistet wird, sei nach Ansicht des FG Düsseldorf im Lichte der bisherigen BFH-Rechtsprechung für die Leistungsbeziehung unerheblich.

Die zwingende Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG sei letztlich auch von den Vorgaben des EEG unabhängig und werde nicht durch die Inanspruchnahme der Einspeisevergütung nach dem EEG ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der erzeugte Strom im Rahmen des EEG-Wälzungsmechanismus an den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber weitergeleistet wurde.

Entgegen der vom beklagten Hauptzollamt vertretenen Auffassung hatte die Klägerin auch nicht nachzuweisen, dass der an Letztverbraucher geleistete Strom, für den die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG in Anspruch genommen wird, der Strom ist, der in dem BHKW erzeugt worden ist. Ein Nämlichkeitsnachweis sei insoweit gerade nicht erforderlich. Vielmehr könnten auf Grund des sog. Wälzungsmechanismus aus § 56 Nr. 1 EEG 2014 und auf Grund der physikalischen Besonderheiten der Ware Strom zuvor eingespeiste Strommengen in jedem Fall nicht im Sinne einer nämlichen Strommenge, sondern nur rein rechnerisch bzw. kaufmännisch-bilanziell zurückerworben werden.

Weiterhin ist bemerkenswert, dass das FG Düsseldorf überdies auch einen Verzinsungsanspruch der Klägerin bejaht hat. Hierbei begründe das Unionsrecht einen Anspruch auf die Verzinsung eines Erstattungsbetrags der Stromsteuer, die zu Unrecht erhoben wurde. Dies gelte auch in den Fällen, in denen eine einzelstaatliche Vorschrift fehlerhaft angewendet worden ist, die auf der Grundlage einer von der Energiesteuerrichtlinie (RL 2003/96/EG) vorgesehenen fakultativen Steuerbefreiung erlassen worden ist.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Für Fragen zu dieser Thematik steht Ihnen der Verfasser dieser Meldung, Rechtsanwalt Stefan Ulrich, gerne zur Verfügung.

Quelle:

FG Düsseldorf, Urteil v. 18. Mai 2022 - 4 K 2811/17 VSt