BFH: Keine rückwirkende Anwendung materiell-rechtlicher Vorschriften des Unionszollkodex

Mit Beschluss vom 24.7.2017 hat der Bundesfinanzhof (VII B 165/16) klargestellt, dass weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Erwägungsgründe der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) einen Hinweis darauf enthalten, dass der Vorschrift mit Gültigkeit zum 1. Mai 2016 eine Rückwirkung für davor ligende Zeiträume zukommt.

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob und inwieweit die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil des Finanzgerichts Hamburg eine grundsätzliche Bedeutung hat, weil sich seit dem Erlass einer ablehnenden Verwaltungsentscheidung das materielle Recht geändert hat. So sei zu prüfen, ob sich die Rechtsänderung auch auf das mit der vorangegangenen Rechtslage zusammenhängende Bestehen bzw. Nichtbestehen des seinerzeit geltend gemachten Rechtsanspruchs auswirkt.

In dem Verfahren Zugrunde liegenden Sachverhalt führte die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Früchte und Fruchtsaftkonzentrate aus Drittländern ein und verarbeitet diese unter Inanspruchnahme von Veredelungsverkehren. Nachdem sie die Abrechnung für das 1. Quartal 2006 trotz Aufforderung nicht vorgelegt hatte, setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt -HZA-) mit Einfuhrabgabenbescheid vom 4. Juli 2007 Einfuhrabgaben fest, die er nach Vorlage der Abrechnung und weiterer Unterlagen mit Einfuhrabgabenbescheid vom 26. September 2007 herabsetzte.

Einspruch und Klageverfahren vor dem Finanzgericht Hamburg (FG) blieben erfolglos. Nach Abschluss des Verfahrens nahm das HZA die Erstattungsanträge nach Art. 236 und 239 des ZK wieder auf, die diese auf den Zoll und die Ausgleichszinsen für wieder ausgeführte Waren beschränkte. Mit Bescheid vom 28. August 2013 lehnte das HZA die Erstattungsanträge ab, weil die Frist zur Abgabe der Abrechnung nach Art. 859 Nr. 9 der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZKDVO) bei rechtzeitiger Antragstellung nicht verlängert worden wäre und kein Fall des Art. 900 Abs. 1 ZKDVO vorliege. Einspruch und erneute Klage hatten keinen Erfolg.

Daraufhin legte die Klägerin eine Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ein. Es sei zu klären, ob sich die Beurteilung des Rechtsstreits noch nach den Vorschriften des ZK richten könne, obwohl im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der UZK gegolten habe, bei dessen Anwendung der Klage hätte stattgegeben werden müssen. Das FG habe zu Unrecht offengelassen, ob es sich bei den Art. 236 und 239 ZK um materiell-rechtliche Vorschriften oder um solche des Verfahrens handele, obschon die Zuordnung für das anzuwendende Recht entscheidungserheblich gewesen sei. Bei diesen Vorschriften handele es sich nach der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz (EuG) um Verfahrensvorschriften. Dementsprechend hätte das FG die entsprechenden Artikel des UZK anwenden müssen.

Der BFH lehnte die Beschwerde als unbegründet ab. Da sich die Erlass- bzw. Erstattungsvorschriften im UZK gegenüber dem ZK nicht grundlegend geändert haben, hat die dargestellte Rechtsprechung weiterhin Gültigkeit.

Allein der Umstand, dass es zum Übergang zwischen dem Zollkodex (ZK) und dem UZK noch keine Rechtsprechung des Europäische Gerichtshofs gibt, reicht zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus.

Schließlich enthalten weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Erwägungsgründe der Verordnung einen Hinweis darauf, dass den Regelungen des UZK eine Rückwirkung zukommt.

Quelle:

Bundesfinanzhof Beschluss vom 24.7.2017, VII B 165/16