BFH: Entlastungsberechtigter nach den §§ 9b und 10 StromStG bei Betriebsführungsverträgen

Der Bundesfinanzhof (BFH) ordnet die Entlastungsberechtigung im Rahmen der Anträge nach den §§ 9b und 10 StromStG weiterhin demjenigen zu, der die tatsächliche und unmittelbare Sachherrschaft über die jeweiligen Anlagen innehat und bestätigt damit letztlich die Auffassung der Zollverwaltung, die spätestens für Zeiträume ab dem 01. Januar 2018 auf den sog. Realakt abstellen möchte.

Mit Beschluss vom 24. Juni 2021 (VII R 26/19) hat der BFH seine Rechtsprechung zur Verwenderfrage bei der Stromentnahme vertieft und dabei seine Linie bestätigt. Im Streitfall unterlag der auf Entlastung von der Stromsteuer für das Verwendungsjahr 2011 klagende Anlageneigentümer. Der BFH ordnete die Stromentnahme und damit den Steuerentlastungsanspruch dem vom Kläger beauftragten Betriebsführer zu.

Bei Betriebsführungskonstellationen kommt es oftmals zu Abgrenzungsschwierigkeiten, welches Unternehmen berechtigt ist, die Begünstigungen nach dem Strom- oder Energiesteuergesetz geltend zu machen. Einen Anspruch auf die Entlastung hat nach §§ 9b und 10 StromStG grundsätzlich die Person, die den Strom für eigenbetriebliche Zwecke entnommen hat. Nach Ansicht des BFH ist die Stromentnahme zu verstehen als ein sog. Realakt, so dass für die Identifikation des Stromentnehmers und damit Entlastungsberechtigten einzig auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist und nicht darauf, wer beispielsweise wirtschaftlich die Steuerlast zu tragen hatte.

Der BFH arbeitet in seinem Beschluss abermals heraus, dass streitentscheidend insbesondere der Umstand sei, dass der Anlageneigentümer mittels eines Betriebsführungsvertrages die tatsächliche und unmittelbare Sachherrschaft über die Anlagen vollständig auf den Betriebsführer und dessen Personal übertragen hatte und selbst über gar kein eigenes Personal mehr zur Anlagensteuerung/-kontrolle verfügte. Auch eine (lediglich) mittelbare Sachherrschaft über die stromverbrauchenden Anlagen reiche für eine Zuordnung der Stromentnahme nicht aus. Auch Überwachungs- und Weisungsrechte des Klägers seien irrelevant.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der BFH sich in seiner Entscheidung explizit vom Betreiberbegriff nach EnWG oder EEG distanziert. Dort bietet sich im Rahmen der Gestaltung von Betriebsführungsverträgen häufig die vertragliche Zuweisung des wirtschaftlichen Risikos (als stärkstes Kriterium aus Sicht der hier wachenden Bundesnetzagentur) an, um den Risikoträger in Abgrenzungsfällen zum alleinigen Betreiber und somit Begünstigungsberechtigten zu machen.

Die Entscheidung zwingt mithin zahlreiche Unternehmen zur Überprüfung ihrer Betriebsführungskonstellationen. Die (Neu-)Gestaltung von Betriebsführungsverträgen darf sich hierbei nicht allein in der Zuweisung des wirtschaftlichen Risikos erschöpfen, sofern auch die strom- und energiesteuerlichen Bewertungskriterien erfüllt werden sollen.

Für Fragen zu dieser Thematik steht Ihnen der Verfasser dieser Meldung, Rechtsanwalt Stefan Ulrich, gerne zur Verfügung.

Quelle:

BFH Beschluss vom 24. Juni 2021, VII R 26/19